Zwei Handvoll Menschen versammelten sich vergangenen Freitag auf dem Rathausplatz von Kirchentellinsfurt, damit Gemeinde und Bürgerschaft pünktlich zum 59. Jahrestag des Tibetaufstands am 10. März Flagge zeigen.
„Betrachte die Lage von allen Seiten, und Du wirst offener werden“. Dieses Zitat des Dalai Lama mag harmlos klingen, führte aber beim Daimler Konzern im Februar 2018 zu einer bedrückenden Selbstzensur. Bettina Kamenowski vom Förderkreis Patenschulen erinnerte an den Vorfall, bei dem ein Foto eines Mercedes-Coupe mit diesem Spruch bei Instagram gepostet und wenig später aufgrund von Beschwerden aus China gelöscht wurde. Der Konzern entschuldigte sich offiziell und gab sich demütig – man erkenne, dass man die Gefühle der Menschen in China verletzt habe. An den Worten mag das weniger gelegen haben als an der Nennung des Dalai Lama, des allseits geachteten Friedensnobelpreisträgers. Demokratie-Aktivisten warfen weltweit dem Konzern Feigheit und Selbstzensur vor. Und doch macht es deutlich: Selbst hier im sicheren und demokratischen Deutschland weichen internationale Konzerne mit China-Geschäft nicht von der vorgegebenen staatlichen chinesischen Linie ab und fördern damit, dass Chinas Staats- und Parteiführung ihre Werte und politischen Vorstellungen immer rigoroser auf der Welt ausbreitet.
Bürgermeister Haug griff den Gedanken auf und unterstrich im Anschluss daran, wie wichtig daher Zivilcourage ist. Ein öffentliches Bekenntnis zur Demokratie und ein Gegenpol zum Rechtsruck, ehrenamtliches Engagement und den Mut, Missstände anzusprechen – das erkennt er als universal gültigen Auftrag des Tibet-Tages an. Wenn Recht und Regeln der Gemeinschaft gebrochen werden, muss jeder aufstehen und entsprechend handeln. Das gilt bei der Beobachtung des kleinen Umweltsünder, der eine Cola-Dose achtlos in die Natur wirft ebenso wie bei unzulässigem Vorgehen von Staaten. Ob Kommunal- oder Völkerrecht: Bei Rechtsbruch darf niemand wegsehen. Und daran soll auch die Tibetfahne in Kirchentellinsfurt erinnern.